Irkutsk – Baikalsee | 07. – 11.07.2011


Irkutsk 7.7.2011
Nach 5191 Kilometern und 75h Zugfahrt sind wir nun in Irkutsk angekommen. Am Banhof wurden wir von Michel abgeholt. Er sprach perfekt Englisch und war super nett. Die beiden Holländer machten sich zu Fuss auf den Weg, doch nach 5min kehrten sie wieder zurück, weil sie nicht wussten in welche Richtung sie laufen müssen. Sie hatten nicht mal den Namen des Hostels, geschweige den Strassennamen dabei. Michel war so nett und hatte ihnen erklärt, welchen Bus sie bis zur Stadtmitte nehmen müssen. Wir hoffen mal, dass die beiden inzwischen ihr Hostel gefunden haben. Wir hatten in der Zwischenzeit eine Dusche und ein super Frühstück genossen. Nach dem updaten unserer Homepage machten wir uns zu Fuss auf Erkundungstour in Irkutsk. Allerdings bereute ich es schon nach einigen Minuten. Ich war einfach zu müde, hatte durst und vorallem hatte ich Lust auf ein Burger (das schon seit dem Vorabend :-)). Das sind keine guten Vorzeichen für ein harmonischer Nachmittag. Leider suchten wir vergeblich nach einem gelben M, was die Motivation in ein tief sinken liess (Kommentar von Adrian: das wir bezieht sich ausschliesslich auf Daniela :-)). Das Glace und der Eistee haben mir aber dennoch neue Energie verliehen, und so konnten wir die Entdeckungstour doch noch fortführen. Die Stadt hat nicht allzuviel zu bieten, dennoch gibt es einige schöne Ecken. Es gibt aber auch viele alte, heruntergekommene Häuser, die das Stadtbild etwas öde erscheinen lässt. Noch k.o. von der Zugfahrt machten wir uns relativ früh ins Bett, so freuten wir uns endlich wieder ein Bett teilen zu können (was ja im Zug schwierig ist). Doch in unserem Hotelzimmer fanden wir zwei Einzelbetten vor…. :-).

Listwjanka 8.7.2011
Um 10.30 wurden wir vom Hotel abgeholt und zum 65km entfernten Listwjanka am Baikalsee transportiert. Das Chalet lag ein bisschen entfernt vom See, dafür hatten wir eine super Aussicht auf den Baikalsee. Nach dem wir die schmutzigen Kleider gewaschen und aufgehängt haben, machten wir uns zu Fuss auf den Weg. Unser Ziel war der Aussichtspunkt, welcher auf der Karte eingezeichnet war. Gemäss unserem Guide vom Transport war es ca. 2km. Auch auf der Karte sah die Distanz ganz human aus… Zuerst besuchten wir den Fischmarkt (für mich gab es Bananen :-)). Doch auch Adrian war nicht ganz überzogen vom Omul (Spezialität aus dem Baikalsee). So machten wir uns auf den langen Weg dem Ufer entlang. Schnell war klar, dass dies viel mehr als 2km sein müssen. Der Wind hat extrem stark geblasen und so allmählich zogen dunkle Wolken auf. In Anbetracht dessen, dass wir den Weg nicht genau wussten und auch kein Russisch können, wollten wir umkehren, doch irgendwie war es unser Instinkt, der immer sagte: nur noch um die nächste Ecke. Und so ging das ca. 1 Stunde, die dunklen Wolken ständig über uns. Doch plötzlich, im Niemandsland auf dem Hügel, tauchte eine Sesselbahn auf. Dies musste der richtige Weg sein zum Aussichtspunkt. Das war wohl die langsamste Sesselbahn auf der Welt. Nach Adam Riese sind wir auf eine maximale Geschwindigkeit von 1m pro Sekunde gekommen. Es wäre auch nicht so schlimm gewesen, denn die Aussicht wäre phantastisch gewesen, doch der Wind war eisig kalt und wir befürchteten, dass sich die grauen Wolken genau über uns entleeren werden. Doch glücklicherweise haben wir es trocken bis nach oben geschafft. Nach 5min. wandern sind wir dann auch beim genannten Aussichtspunkt angekommen. Leider war das Wetter sehr verhangen, so dass man die Weite des Sees nicht wikrlich wahrgenommen hat. Aber wenn man bedenkt, dass dieser See 636km lang und in der Mitte 48km breit ist, kann man sich die Dimension in etwa vorstellen. Gleich noch einige Details zum See, die einen (oder zumindest uns) zum staunen bringen: Der See ist zwischen 20 und 25 Mio. Jahre alt, wird von 336 Flüssen gespeisst und hat nur einen einzigen Abfluss (Angara). Bekäme der See durch seine Zuflüsse kein Wasser mehr, könnte er die Angara noch 400 Jahre mit Wasser speisen. (und die Angara ist z.T. so breit wie der Zürichsee). Auch die ganze Athomosphäre ist wie am Meer. Das einzige ist, dass das Salz fehlt (was natürlich gut ist, so ist man trotz Wind nicht so verklebt). Auf alle Fälle hat sich der lange Marsch und die Sesselfahrt gelohnt. Zum Glück hatten sich in der Zwischenzeit die ganz dunklen Wolken verzogen, so konnten wir auch den Retourweg im trockenen bewältigen. Das Dorf Listwjanka hat ca. 1500 Einwohner, ist ein schönes Seedörfchen geschmückt mit vielen schönen Holzhäusern und Ständen mit Holzsouverniers. Doch auch wenn das ganze etwas touristischer ist, als beispielweise Irkutsk selber, ist auch hier die grösste Herausforderung Postkarten zu kaufen :-)). Doch nach der Erfahrung in Moskau wissen wir nun wie wir vorgehen müssen. Beim Abendessen in einem Restaurant direkt am See probierte Adrian dann doch noch Omul, was ihm sehr schmeckte. Nachdem wir schlussendlich ca. 10 Kilometer gelaufen sind, kehrten wir ziemlich k.o. wieder in unser Chalet zurück, wo es uns natürlich die Wäsche weg gewindet hat. Aber wir denken, wir haben schlussendlich alles irgendwo wieder gefunden (sei es das T-Shirt auf dem Balkon beim Nachbar ein Geschoss unter uns oder die Boxer-Shorts in der Wiese :-)). Und nun geniessen wir die Nacht in diesem schnugge Holz-Chalet (aber natürlich wieder in getrennten Betten (wir sind langsam am überlegen, ob die getrennten Better Standard sind, oder ob dies damit zu tun hat, dass ich noch mit dem Name Pfenninger reise und wir wegen den unterschiedlichen Namen getrennt werden….). Von den fünf verschiedenen Betten, die wir bis anhin hatten, hatten wir nur einmal ein Doppelbett :-).

Bolshie Koty 9.7.2011
Nach einem super kurzen Frühstück (leider mussten wir um 9.30 los und das Frühstück hat erst um 9.30 angefangen), mussten wir das erste mal die Regenjacke montieren. Nachdem es in der Nacht richtig fest gestürmt hat, war es heute morgen richtig grau und nass. Igit igit igit.
Zum Glück hatten wir einen Autotransfer bis zum Bootsanlegeplatz, ansonsten wären wir schon nach 5min durchnässt gewesen. Neben der Nässe war es noch extrem kalt (ca. 8°), was das ganze auch nicht freundlicher machte. Nach ca. 25min. mit dem Tragflügelboot auf dem Baikalsee erreichten wir Bolshie Koty. Leider konnten wir wegen dem starken Regen nichts von der Landschaft sehen geschweige den die Robben im See entdecken. Zum Glück hatte uns der Mann vom Tranfer erklärt wo unsere Unterkunft liegt, denn auf uns wartete niemand am Steg :-). Voll bepackt machten wir uns im Regen, der zum Glück etwas weniger stark war, in der Zwischenzeit auf die Suche nach unserer Bleibe für diese Nacht. Nach ca. 10min haben wir sie gefunden. Schon der erste Eindruck war super. Nadja (die Besitzerin) stand am Eingang, winkte und lachte uns zu. Das war und ist wohl die spympatiste und freundlichste Russin, die wir getroffen haben. Und der erste Eindruck täuschte nicht, im innern des Hauses war es total gemütlich. Es ist mehr ein Hostel mit Gemeinschaftsraum, aber es ist absolut schön da (abgesehen vom heutigen Wetter). Schnell lernen wir einen russischen Gast kennen, der aus Moskau kommt. Auch er ist total offen und schwatzt drauf los. Das Zimmer konnten wir erst um 12 Uhr beziehen, bis dahin spielten wir noch Karten und lasen das Gästebuch, in dem sich die Gäste alle wiederholten: schönster Platz in Russland, netteste Gastgeber in Russland und bestes Essen in Russland :-). Ich bin gespannt, wie meine Kritik ausfallen wird….

Da es um 15 Uhr Mittagessen gab, machten wir uns noch kurz auf einen Spaziergang, der in einer 2.5h Wanderung entlang des Ufers endete. Leider mussten wir uns die schöne Landschaft vorstellen, denn sehen konnten wir nur ein grau-in-grau Ton. Bolshie Koty ist ein total untouristisches Seedörfchen. Bolshie Koty ist ursprünglich als Goldgräbersiedlung entstanden und kann auch heute noch nur per Schiff oder zu Fuss erreicht werden (im Winter auch per Auto, wenn der See zugefroren ist, was ca. 6 Monate im Jahr der Fall ist). Es ist also total von der Zivilisation abgeschotten und es herscht noch ein gewisser Weltfrieden hier. Die Häuser sind alle aus Holz. Natürlich gibt es auch hier alte, marode Holzhäuser, die leer zurück gelassen werden. Uns gefällt es hier auf alle Fälle total gut und es wäre sicher ein Traum, wenn es noch ca. 20 Grad wärmer wäre :-). Da die Wassertemperatur nur gerade mal 8-12° warm ist, verzichten wir auf den obligaten Schwumm im Baikalsee.
Mit zwischenzeitlichem joggen, was auch noch ein bisschen wärme brachte, schafften wir es pünktlich zurück zum Mittagessen. Der Geruch liess schon mal gutes verheissen. Und so war es auch. Nach einer guten Pilzsuppe servierte uns Nadja Hackfleisch-Tätschli mit Beilage und Salat. Es war sehr lecker! Wir haben zu sechst gegessen. Zwei italienische Papelis (sicher schon 70+), die kein Wort Russisch und kein Wort Englisch sprechen und zwei weitere Schweizer, die vor 2.5 Monaten nach Moskau ausgewandert sind. Nach dem Essen hatten wir noch interessante Gespräche mit diesen zwei.
Am späten Nachmittag spazierten wir nochmals ein wenig dem Ufer entlang (dies mal in die andere Richtung). Entgegen kamen uns stark alkoholisierte Männer. Bei einem haben wir schon bald um sein Leben gefürchtet. Bei einem ca. 200kg schwerer Mann, der echt stock-hagel dicht war und auf dem schmalen Uferweg torkelte, hatten wir schiss, dass er die Felsen hinabstürzen würde. Eieieiei, und das mitten am Nachmittag. Nachdem wir eine ca. 30-minütige Pause gemacht haben, sind wir umgekehrt. Die Truppe haben wir schnell wieder eingeholt. Und der Zustand zweier hat sich noch dramatisch verschlechtert. Unterdessen hatten sie aber Hilfe von Anderen bekommen. Wir schauten gespannt dem Schauspiel zu, denn die Herren mussten um 18Uhr das Boot erwischen. Mit einem zick-zack Endspurt haben es dann die ganze Gruppe (ca. 30 Leute) geschafft. Gott sei Dank, waren wir nicht auf diesem Boot, ich glaube ich wäre freiweillig auf das Deck :-).

Um 20 Uhr gab es Nachtessen. Es sassen wieder die selben sechs Personen am Tisch und es gab ein ausgezeichneter Mais-Tomaten Salat und Chicken-Piccata mit Herdöpfeli. Auch das war ganz gut und somit hatte ich die 1. heikle Esspassage überstanden, den auf dem Reiseprogramm stand, dass es Omul gibt (zum Guten Glück ist keine Saison für Fisch im Moment :-)). Die zweite heikle Essherausforderung wird in der Mongolei folgen (auf dem drei-tägigen Pferdetrip – und da gehört es sich die einheimischen Spezialitäten zu probieren und das sind weiss Gott viele, von denen ich noch nie was gehört habe :-)). Anyway, nach dem Essen heute, haben wir noch lange mit den zwei Schweizern gesprochen. Die Gastfreundschaft hier ist ausgezeichnet und Nadja ist sehr bemüht, dass wir mit Essen ausreichend gedeckt sind. Echt super! Diese Unterkunft würden wir jedem, der eine Auszeit von der Stadt braucht, empfehlen. Wir freuen uns bereits auf das Frühstück morgen, das wird bestimmt yummi yummi :-). Wir haben noch herausgefunden, dass die getrennten Betten Standard sind, denn auch heute sind wir einige Meter von einander getrennt :-(.
Die Nacht war super. Da es erst um 9.30 Frühstück gab, konnten wir mal etwas länger schlafen. Heute war auch wunderbares Wetter. Zwar noch etwas kalt, aber mit Sonnenschein und wir konnten ans andere Ufer sehen. Leider mussten wir diesen schönen Ort schon wieder verlassen. Mit dem Boot kehrten wir nach Irkutsk zurück, wo wir nun noch 12 Stunden Aufenthalt haben, bevor wir dann in der Nacht (um 3.45 werden wir abgeholt) wieder in die Transsib einsteigen und bis nach Ulan Bator fahren. Diese Fahrt wird ca. 26 Stunden dauern und wir freuen uns nun nach über 10 Tagen Russland ein anderes Land zu sehen…

Fazit Russland 30.6. – 12.7.2011
Zwei Fragen bleiben nach wie vor ungeklärt:
Wie kann Frau mit 10-15cm Highheels den ganzen Tag heraumlaufen, geschweige den Sightseeing machen? (ich war echt beeindruckt von der Schuhpracht der Frauen – und fühlte mich mit meinen Trekkingschuhen total schäbig)
Wieso gibt es Verkehrsregeln, wenn diese sowieso niemand beachtet? Die Cairo-Strassen sind ja auch krimenell, aber hier in den Städten hatte ich fast mehr Angst, weil jeder Prachtwagen seine PS zur Show stellen musste (und das auf 50-er Strecken). In Moskau ganz speziell, wer Geld hat, muss es auch zeigen, so treffen sich bei einem In-Lokal am Strassenrand schnell mal Ferrari, Mercedes, Maserati, Porsche und Audi.

Ich glaube ja fest an Sprichwörter, doch leider wurde ich in Russland eines besseren belehrt. So war ich bis anhin der festen Überzeugung, dass dieses Sprichwort wahr ist: Wer jemanden ein Lächeln schenkt, bekommt ein Lachen zurück. Es gibt zwar einige Ausnahmen, aber den meisten Russen, denen wir begegnet sind, konnten wir kein Lächeln abluchsen. Besonders in der Transsib nicht. Lieber verstecken sie sich hinter dem eisig kalten Blick, der mein Lächeln jedes mal zum erstarren brachte. Ich nehme es ausnahmsweise mal nicht persönlich :-).

Anzahl Reisetage: 4

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